Bewerbungsfrist läuft…

Vakanz als Chance. Oder Hängepartie. Düsseldorf vor dem Generationenwechsel

Puppentheater. Installation bei Philara. Eva Koťátková, Cutting The Puppeeter’s Strings With Paper Teeth, 2016 / 2024, Foto: Kai Werner Schmidt

You are a Superhero? Dann nix wie los! Das Bewerbungskarussell dreht sich mit wachsender Geschwindigkeit. Allein in Düsseldorf werden mehr als zwanzig Posten/Postionen an weltbekannten oder zumindest bestens renommierten Kunstinstitutionen, Museen, Stiftungen und Schauräumen frei. Wann gab es das zuletzt? Eine Chance, ein Revirement, ein Generationswechsel wie selten zuvor steht der Kunststadt Düsseldorf bevor. Die Verjüngungswelle rollt.

Oder droht beim Tauziehen um die Vakanzen eher ein Stillstand durch Nicht- oder Fehlbesetzungen?  

Zentral. Wie weiter mit der Kunsthalle?

Das beginnt im Zentrum. Die Kunsthalle am Grabbeplatz soll grundsaniert werden und für drei Jahre (mindestens) geschlossen bleiben. Dort sind die städtische Kunsthalle und der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen untergebracht. Beide für das Kunstleben der Stadt unverzichtbare Einrichtungen verlieren über Jahre ihren angestammten Spielort. Umbauten im Bestand zeigen bisweilen ihre Tücken. In Köln zum Beispiel läuft die Sanierung von Oper und Schauspielhaus seit 13 Jahren. Auch dort waren einmal drei Jahre Umbauzeit geplant. Während die Stadt bei der Kunsthalle mit der Nachbesetzung von Gregor Jansen abwarten will, bis die Sanierung abgeschlossen ist, hat sich der Kunstverein ermutigt, die Nachbesetzung von Kathrin Bentele (sie entflieht dem Baustaub in die Schweiz und wird Direktorin der Kunsthalle Friart) sofort einzuleiten. Die Stellenausschreibung läuft, die Bewerbungsfrist bis zum 25. Mai. Schon am 1. Oktober 2025 soll die neue künstlerische Leitung und Geschäftsführung in Düsseldorf anfangen. Fragt sich bloß wo?

Entscheidende Frage im Fall Kunsthalle wird es sein, inwieweit diese international bekannte Institution ihre Selbstständigkeit behält oder unter das Dach der Stiftung Museum Kunstpalast (MKP) kommt? Felix Krämer könnte dann als Generalintendant die Kunsthalle mit leiten und wie im Fall des NRW-Forums einen künstlerischen Leiter bestellen.

Auch beim KIT (Kunst im Tunnel) steht ein Wechsel an. Zum 1. April 2026 verlässt Gertrud Peters diese unterirdische Ausstellungsplattform in städtischer Trägerschaft. Kulturdezernentin Miriam Koch (Bündnis 90/Die Grünen) will vor den Berufungen in Kunsthalle und KIT ein change management zwischenschalten. Eine erst noch zu bestimmende Beratungsfirma soll Strukturen überdenken und Ressourcen freilegen. Bei allem muss Koch 9 Millionen Euro jährlich beim Kulturetat einsparen. Das chance management als savings management? Am 14. September ist Kommunalwahl. Erst danach wird der neu zusammengesetzte Stadtrat über die Zukunft von KIT und Kunsthalle entscheiden.

Apropos Ehrenhof

Dort leitet Alain Bieber seit immerhin zehn Jahren das NRW-Forum Düsseldorf. Unterdessen hat er das Produktionsstudio Anna Blume Entertainment und die Social Creator Agency Team- 17 gegründet. Unter seiner Leitung verlor das NRW-Forum die Selbständigkeit und ist jetzt Teil des MKP.

Erstmal feiert Bieber sich und 100.000 Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Superheld*innen“. Die lange Laufzeit (seit September 2024) und der weitgehend kostenlose Eintritt (für alle unter 21 Jahren) haben es möglich gemacht: „In Zeiten, in denen die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, sehnen wir uns nach Hoffnung, nach einem Happy End“, so Kurator Bieber über seine Blockbuster-Ausstellung. „Die enorme Resonanz auf unsere Ausstellung zeigt, wie sehr uns diese Geschichten berühren, wie groß die Sehnsucht nach Helden ist – und wie wichtig popkulturelle Orte wie das NRW-Forum sind…“ Es zeigt auch wie weit man kommen kann, wenn man das Niveau absenkt, das kulturelle Grundwasser abpumpt und die Eintrittspreise auf Null setzt.  

Mit Hulk oder Batman ein Selfie schießen, das Vintage-Game von Marvel Super Heroes vs. Streetfighter spielen oder sich selbst mit der App als Superheld zu inszenieren, das fällt in der Glassammlung ein paar Schritte weiter verdammt schwer. Der vertraute Eingang vom Ehrenhof aus bleibt verschlossen, der verdiente Leiter wirft das Handtuch. Dedo von Kerssenbrock-Krosigk zieht entnervt die Konsequenzen. Ob seine Stelle neu besetzt wird ist kaum zu erwarten.   

Das DFI (Deutsches Fotoinstitut) möchte auf alle Fälle selbstständig bleiben. Ausgerechnet im Hofgarten (zum Ehrenhof hin) soll ein Neubau für das Fotoarchiv errichtet werden. Für das neue Bundesinstitut wird ein(e) Gründungsdirektor/in gesucht und gleich ein ganzes Gründungsteam dazu.

Lex Titz?

An der Kunstakademie Düsseldorf zeigt sich die neue Rektorin amtsmüde. Die Architektin Donatella Fioretti, erst seit zwei Jahren im Amt, möchte sich zurückziehen. Die Nachbesetzungsprozedur läuft. An der Kunstakademie erfahrungsgemäß keine leichte Aufgabe. Es könnte zu einer fliegenden Rochade kommen.

Und die geht so: Mit Rita McBride, Thomas Grünfeld und Robert Fleck werden am 4. Juli gleich drei Professoren verabschiedet (in den Ruhestand versetzt). Die Nachbesetzungen in den Fachbereichen FB1 Kunst und FB2 Kunstbezogene Wissenschaften laufen auf Hochtouren. Grünfeld ist zudem Prorektor. Auch hier steht eine Zuwahl ins Rektorat an.

Erstmals wurde für die Nachfolge Fleck eine Berufungskommission gebildet, die paritätisch aus Vertretern aus Kunst und Kunstbeszogenen Wissenschaften besetzt ist. 41 Bewerbungen liegen vor. Es geht um die ominöse Professur „für Kunst und Öffentlichkeit“, die für Kasper König 1985 eigens eingerichtet wurde. Auch Susanne Titz hat sich beworben. Sie könnte als erfahrene Museumsdirektorin (seit 2004 leitet sie das Museum Abteiberg Mönchengladbach) gut auch die Akademie-Galerie leiten. Auch diese Leitungsaufgabe ist vakant.

Doch steckt hinter dieser Bewerbung vielleicht mehr. Titz hatte sich zuletzt, 2023, für die Nachfolge von Karl-Heinz Petzinka auf die Position der Rektorin beworben, fiel aber durch, weil sie nicht dem Kollegium der Akademie angehörte. Das könnte sich jetzt ändern. Voraussetzung der Professur im Fachbereich FB2 ist eine abgeschlossene Promotion. Die hat Titz aber nicht. Doch wurde König ohne formellen Schulabschluss an die Kunstakademie Düsseldorf berufen und später Rektor der Städelschule in Frankfurt. So könnte die Lösung im kommenden Jahr aussehen: Tizt wird berufen, Fioretti tritt zurück, Titz wird Rektorin.

Ach so! Dann dürfte auch bald die Stellenausschreibung für die Leitung des Museum Abteiberg Mönchengladbach raus.

„Die erste Reihe ist raus“, kommentiert ein Mitglied des Senats die aktuelle Lage an der Kunstakademie. Die Internationalität der berufenen Professoren nimmt rapide ab. Vier einst international besetzte Professorenstellen sind seit längerem vakant (oder durch Vertretungen versorgt). Die Fotoklasse Christoffer Williams (vertreten durch Annette Kelm), die Malereiklasse von Andreas Schulze (Maximilian Baumgartner), Installations- und Videokunst Dominique Gonzalez-Foerster (Benjamin Ari Meyers), Typographie und Buchkunst John Morgan (Ed Atkins). Nachbestzungen Fragezeichen.

Closed for Renovation

Bei vier Kunststiftung steht ein Wechsel bevor.

Das Kai 10 im Hafen baut kräftig um und aus. Der Umbau des angrenzenden Speichergebäudes soll 2027/28 eröffnet werden. „Wenn alles gut geht,“ dämpft Monika Schnetkamp die Erwartungen, was den Baufortschritt betrifft. Nicht aber, was ihre Ziele ausmachen. Die ambitionierte Kunstsammlerin und Stifterin strebt für das ums Doppelte erweiterte Kai 10 eine neue künstlerische Leitung an.

Closed for Renovation heißt es auch bei JSF. „Die bauliche Erneuerung unseres Hauses in Düsseldorf ist ein wichtiger Schritt, um die Julia Stoschek Foundation für die Zukunft aufzustellen – offen, zugänglich, flexibel. Ich freue ich mich sehr über die erneute Zusammenarbeit mit dem Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi. Mit ihrem tiefen Verständnis für die besonderen Bedürfnisse zeitbasierter Medienkunst und dem einzigartigen Gebäude an der Schanzenstraße konnte ein herausragendes Konzept entwickelt werden“, freut sich Julia Stoschek. Der umfangreiche Umbau hat bereits begonnen. Verbesserung der Infrastruktur und Zugänglichkeit für alle Besucher, ein neuer Eingang ein ebenerdigen Empfangsbereich, ein neuer Personenaufzug werden geschaffen. Im Ausstellungsbereich wird räumliche Verschränkung und Sichtverbindung zwischen den beiden Ausstellungsebenen wiederhergestellt. Nachdem sich JSC von Lisa Long erst kürzlich getrennt hat, wird die Stiftung zunächst ohne künstlerische Leitung arbeiten. Externe Kuratoren, Kuratorinnen sollen wechselweise die Ausstellungen zur erweiterten Videokunst organisieren.

Schließlich gibt es bei Philara Veränderungen. Auch dort wird die künstlerische Leitung neu sortiert. Beim Weltkunstzimmer, wo Wolfgang Schäfer zum Jahresende die Geschäftsführung nach 12 Jahren aufgibt, sucht die Hans Peter Zimmer-Stiftung eine Neuausrichtung. 

Eine Vakanz hat sich erledigt. Zum 1. Mai hat Boris Roman Gibhardt (geb.1980 in Kassel) die Leitung des Goethe-Museums Düsseldorf übernommen. Gibhardt wurde auch zum Vorstand der Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung bestellt.


Aktuelle Ausstellungen

space_relations
Mischa Kuball
bis Ende 2025
WELTKUNSTZIMMER, Ronsdorfer Str. 77a, 40233 Düsseldorf

“Ohne dieses Bild wär hier viel mehr Platz”, MAX PIMPERNELLI
bis 18. Mai 2025
WELTKUNSTZIMMER, Ronsdorfer Str. 77a, 40233 Düsseldorf

Can you hear me? Can you see me?
27. Juni – 7. Dezember
KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION, Kaistraße 10, 40221 Düsseldorf

Cutting the Puppeteer’s Strings
noch bis zum 01. Juni
SAMMLUNG PHILARA, Birkenstraße 47 a, 40233 Düsseldorf

Superheroes
noch bis zum 11. Mai
NRW-Forum Düsseldorf, Ehrenhof 2, 40479 Düsseldorf

… und wir fangen gerade erst an
Künstlerinnen und Künstler des VdDK 1844

bis 25.5.2025
Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4, 40213 Düsseldorf

The Weight of the Invisible – Part I
Wang Bing

bis 25. Mai 2025
Kunstverein Düsseldorf, Grabbeplatz 4, 40213 Düsseldorf

Mythos Murano
bis Ende 2025
Kunstpalast, Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf

Bildspeicher IV – Neue Werke in der Sammlung
bis 13. Juli 2025
Akademie-Galerie, Burgplatz, 40213 Düsseldorf

Vorankündigung
Der Bildatlas der Akademie. Erika Kiffl und das Archiv für Künstlerische Fotografie AFOK
ab 20. Oktober
Akademie-Galerie, Burgplatz, 40213 Düsseldorf


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