Man möchte rasend werden

Ein Anschlag

Manchmal sind es beiläufige Gesten, Nebensätze, die aufhorchen lassen. In einem Rundbrief lädt der Vereinsvorsitzende die „lieben Mitglieder“ herzlich ein, „den wunderschönen Malkastenpark zu besuchen.“ Das kommt in Corona-Zeiten gut und ganz unverdächtig daher und mag bei aufkommenden Frühlingstemperaturen ein wirklich verlockendes Angebot sein. Wenn nicht eben jener Vorsitzende erst kurz vor seiner Einladung den wunderschönen Park kräftig stutzen ließ. Bäume wurden im Winter still und heimlich gefällt, darunter eine Pyramideneiche, mehrere alte Eiben.

Der Kahlschlag ist nur der Auftakt zu weit größeren Verserungen, die der Vorstand in seinem Garten plant. Wie das? Selbstverständlich steht diese älteste Gartenanlage Düsseldorfs unter Denkmalschutz, selbstverständlich hat der Künstlerverein die „Unversehrtheit des Jacobi´schen Gartens“ in seine Satzung aufgenommen und mehr noch, sie zu seinem Vereinsziel erhoben.

Pustekuchen. Die Bäume sind abgeholzt und weitere werden folgen. Wie das?

Der Künstlerverein Malkasten hat den Jacobigarten 1860 unter seine Obhut genommen und ihn bislang vor jeder Parzellierung und Entstellung bewahrt. Das ist der schönste Stolz in der langen Geschichte dieses Vereins und vielleicht sein bestes Überlebenselexir. Das er diesen Garten nun ausgerechnet selbst bebauen will, ist ein Zeichen höchster Verwirrung. Es gibt nicht mal einen nennenswerten Bedarf für die geplanten Gebäude.

Die feuerpolizeilichen Auflagen, in Düsseldorf seit dem Flughafenbrand besonders rigide, verlangen bei den Neubauprojekten hier eine Zufahrt (und eine Ausfahrt) für mehrere Löschzüge. Also muss eine Trasse quer durch den alten Garten geschlagen werden. Die Eiche, die Eiben waren da nur die ersten Opfer. Weitere werden folgen. Eine über hundert Jahre alte Esskastanie steht im Weg. Keine Chance. „Bis dahin laden wir Sie herzlich ein, den wunderschönen Malkastenpark zu besuchen“, schreibt der Vorsitzende, der doch den Abriss der Annexbauten mit aller Macht betreibt.

Es gehört zur Geschichte dieses Gartens, dass Johann Wolfgang Goethe hier mehrmals zu Gast war. Man möge da einmal nachlesen: „Man möchte rasend werden, …dass es Menschen geben soll ohne Sinn und Gefühl an dem Wenigen, was auf Erden noch einen Wert hat“, schreibt Goethe als zwei Nussbäume gefällt werden. Und weiter: „Ich möchte toll werden, ich könnte den Hund ermorden, der den ersten Hieb daran that.“

Ist es das, was der Künstlerverein unter „Unantastbarkeit des Gartens“ versteht? Wer braucht eigentlich die völlig uninspirierten Neubauklötze im Garten? Wo es doch eine behutsame Renovierung besser täte. Wozu nimmt ein hochverschuldeter Verein weitere Schulden auf? Was wird hier eigentlich gespielt?

Ach so! Im gleichen Rundbrief schreibt der Vorsitzende auch, ganz nebenbei, dass, „unser Hausvogt Christian Steinwachs zum 2. Vorsitzenden gewählt wurde“. Dieser Christian Steinwachs ist ein Architekt und war lange Jahre Mitarbeiter im Büro Thomas Beucker, eben jenem Büro, das die Neubauten plant und nun auch durchführen soll. Ein zweifelhaftes Gespann, darf man vermuten, wo der eine die Leistungen des anderen doch überwachen soll.

„Wir sind sehr froh“, schreibt ganz nebenbei der Vorsitzende, „dass wir ihn für das Amt gewinnen konnten, da seine fachlichen Kenntnisse und seine Expertise für uns sehr hilfreich sind. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“
Beste Grüße Robert Hartmann.

 

                                                 Es war einmal… eine Pyramideneiche

 

 


 

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