Wohin die Berglampe von Beuys leuchtet. Kohle für ein Exil-Museum

Licht in der Grube

Der Ruhrkohlechor trat in geschlossener Formation noch einmal an. Drei Dutzend Herren in den zünftigen Bergmannsuniformen marschierten am späten Mittwochvormittag in die Bürgerhalle des nordrhein-westfälischen Landtags ein, um noch einmal das Steigerlied anzustimmen. Zapfenstreich für den Steinkohlebergbau im Ruhrrevier.

Mit einem gemeinsamen Festakt würdigten Nordrhein-Westfalen und das Saarland den Kohlebergbau unter Tage, während der über Tage energisch weiter vorangetrieben wird. Am 21. Dezember ist Schicht im Schacht auf der letzten Zeche Prosper-Haniel in Bottrop nach über 155 Jahren Kohleförderung. Ein Kapitel Industriegeschichte des Landes geht zu Ende, ein dunkles und ein hell strahlendes. Nicht die Kohle ist knapp geworden, ihre Förderung ist nicht mehr konkurrenzfähig – und das obwohl insgesamt gut 150 Milliarden an Subventionen in die Kohle geflossen sind. Außerdem hat sich herumgesprochen, daß Kohlekraftwerke und ihre Emissionen überaus schädlich für unsere Luft sind, und die brauchen wir noch.

 

Glück auf, der Steiger kommt. Chor der Ruhrkohle AG

Da fällt ein kleines Licht auf. Die „Berglampe“ von Joseph Beuys, ganze 16 Zentimeter hoch. Die Kleinbronze, ein Frühwerk des niederrheinischen Künstlers aus den Jahren 1951-53, „erleuchtet den Betrachter mit Wärme und Licht, die von tief unten kommen.“, wie der Schriftsteller Ralf Rothermann im aktuellen Grisebach „Journal“ schreibt. Der Umzug aus der ländlichen Idylle Schleswig-Holsteins in die verrußte Industrielandschaft des Ruhrgebiets bedeutete für den fünfjährigen Rothermann einen Schock. Der Vater hatte als Kohlenhauer in der Zeche Haniel Arbeit gefunden, die Mutter als Kellnerin in der Bahnhofsgaststätte. Damals malochten mehr als 600.000 Bergleute in den Zechen des Ruhrgebiets. Rothermanns Sprache ist rußig ohne pathetisch zu sein. Über Beuys kaum handgroße Nachbildung einer Grubenlampe etwa: „Als sollte mit ihr an den eigentlichen Grund der schweren und schmutzigen Arbeit im Finstern erinnert werden, war sie das heimliche Zentrum jeder Wohnung. Hier lebt einer, schien sie zu sagen, dem wir Licht und Wärme verdanken.“

Im nun zu Ende gehenden Ausstellungs-Marathon „Kunst und Kohle“ in den Reviermuseen, vermißt man solch einen Lichtblick sehr. Aber zum Glück ist das seltene Licht in der Version „Aus“ jetzt zu erwerben. Grisebach Auktion „Zeitgenössische Kunst“ am 30. November 2018 in Berlin. Schätzpreis EUR 80.000-100.000. Die Berglampe stammt übrigens aus der Sammlung der rheinischen Industriellenfamilie Willy und Fänn Schniewind, Seidenweber aus Elberfeld. Fänn Schniewind (geb. Henkel) kaufte die Bronze übrigens aus Beuys´ Atelier in Kleve.

Florian Illies wiederum, Bestsellerautor (Generation Golf, 1913. Der Sommer des Jahrhunderts), seit 2011 Geschäftsführer bei Grisebach und Blattmacher des exzellenten Journals, bleibt sich treu. Alle sechs, sieben Jahre wechselt er die Position, das Haus, das Lager. Von der FAZ zu Monopol zur ZEIT, zum Jahresende nun also auch wechselt er aus der Villa Grisebach zum  Rowohlt Verlag um dort zum 1.1.2019 als verlegerischer Geschäftsführer einzusteigen. Die Suche nach einem Nachfolger bei Grisebach läuft…

Das wiederum wird Grisebach Gründer Bernd Schulz wurmen. Sein Kronprinz verläßt die Villa gerade als Schlulz sich anschickt, das „ExilMuseum“ zu realisieren, sein „neues Lebensziel“. Es soll auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Bahnhofs in Berlin gebaut werden. „Abschied und Neuanfang“, heißt nicht frei von Pathos der Auktionskatalog, mit dem Schulz seine eigene Sammlung Kunst auf Papier – ausgesuchte Blätter von Il Guerico über Watteau, Menzel zu Paul Klee („Dein Ahn“), Bruce Naumann und Leiko Ikemura – anpreist,  25./26 Okt. Der Erlös soll dem geplanten ExilMuseum zu Gute kommen. Die untere Schätzmarke liegt bei 5.295,800 Euro. Es könnte aber auch gut das Doppelte herausspringen. Schulz wird das Geld gut gebrauchen, denn der Staat hat sich bisher jeder öffentlichen Unterstützung verweigert.

 

 

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