über sein Maler Werden und seine leidenschaftliche Verstrickung in die Kunst. Kein Nachruf

“Ich habs mit der Farbe…” Norbert Tadeusz äußert sich in seinem letzten Gespräch

Im Jahr 1961 kam der junge Norbert Tadeusz (Jahrgang 1940) von der Dortmunder Werkkunstschule nach Düsseldorf in die Klasse von Gerhard Hoehme und dachte „Jetzt fang ich an!”. Doch sein Elan wurde jäh gebremst. Professor Hoehme dachte nicht daran, den tatendurstigen Mann mit einer klassischen handwerklichen Ausbildung anzuleiten. Bei Hoehme galt der künstlerische Ausdruck. Aber den suchte Tadeusz gar nicht. Tadeusz wollte  Architekt oder Bildhauer werden. Und nicht Künstler.

Mit Hoehme und Karl Otto Götz hatte Architekt und Rektor Hans Schwippert zu Beginn der sechziger Jahre zwei zentrale Vertreter des deutschen Informel an die Kunstakademie geholt. Tadeusz erlebte die gestisch-abstrakte Malerei in Düsseldorf in dieser Zeit als Dogma mit anti-malerischem Impetus. Seine Kommilitonen Manfred Kuttner, Konrad Lueg (Fischer), Gerhard Richter und Sigmar Polke aus der K.O. Götz-Klasse stichelten – so Tadeusz – unentwegt, ob er denn immer noch male, oder vielleicht doch schon nachdächte.

Tadeusz´ Mutter

Wohler fühlte sich Tadeusz bei Joseph Beuys, zu dem er kurze Zeit später (1961/62) in die Bildhauer-Klasse wechselte. Beuys war gerade berufen worden und Tadeusz war einer seiner ersten Schüler. Anatol Herzfeld, Jörg Immendorff und Blinky Palermo stießen erst 1964 dazu. Doch auch hier, im sogenannten „Zoo”, fand er sich nicht zu Hause. Professor Beuys und der angehende Maler Tadeusz freundeten sich zwar an, das künstlerische Verständnis der beiden blieb aber ebenso so weit voneinander entfernt wie das von Tadeusz zu den Abstrakten.
Tadeusz verteilte Margarine bei Aktionen seines Lehrers, assistierte Robert Morris bei seinen Happenings, kellnerte im Szenelokal Creamcheese in der Neubrückstraße und war mitten drin in der Düsseldorfer Künstler-Szene. Und malte. Gegenständlich. Als einer, der sich von den italienischen und flämischen Meistern begeistert zeigte, malerisches Handwerk und technisches Können zu vervollkommnen suchte, waren er und seine Kunst seltsam aus der Zeit gefallen. Er fand nicht und suchte wohl auch nicht Anschluß an die neuen avantgardistischen Strömungen nach „Le grand geste!” (so der Titel der aktuellen Ausstellung zu Informel und Abstraktem Expressionismus im Museum Kunst Palast, Düsseldorf, bis 01.08.2010). Eine Galerie fand Tadeusz ebenfalls nicht. Nach einem gescheiterten Gespräch mit Alfred Schmela, beschied dieser ihn damit, dass man statt Geschäfte, doch viel „besser mit ihm saufen” könne. Stattdessen protegierte Schmela Uecker, Richter und Immendorff.

In West-Berlin traf Tadeusz 1972 mit Markus Lüpertz einen Gesinnungsgenossen. Hier war das Klima anders als in Düsseldorf, das Figurative in der Malerei kein Widerspruch. Tadeusz fühlte sich endlich in die Maler-Familie aufgenommen. Doch war auch dies eine Aufnahme mit Vorbehalten. In Berlin stellte der Kunsthändler Michael Werner Lüpertz bereits 1968 aus. Werner hatte mit Benjamin Katz 1963 in Berlin die Galerie „Werner & Katz” gegründet und mit Georg Baselitz und dessen masturbierenden Jungen („Die große Nacht im Eimer”) in der Eröffnungsausstellung einen Skandal provoziert. In der Folge sammelte Werner neben Baselitz und Lüpertz die anderen neuen Hoffnungsträger der figurativen Malerei ein: A.R. Penck (1969), Jörg Immendorff (1969) und Sigmar Polke (erste Ausstellung bei Werner: 1970). Interesse an Tadeusz schien Werner nicht zu finden. Während die Werner-Boys an ihren Karrieren arbeiteten und in den achtziger Jahren zu gefeierten Stars wurden, verschwand Tadeusz von 1973 bis 1988 in Münster, ab 1981 als Professor, wo er in der Abteilung für Kunsterziehung der Düsseldorfer Akademie zukünftige Lehrer ausbildete. Tadeusz unterrichtete in der Folge in Berlin an der HdK (1988-91) und an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (1991-2005).

Als Lüpertz 1988 Rektor in Düsseldorf wurde, flammte bei Tadeusz die Hoffnung auf, als Professor an seine Ausbildungsstätte zurückkehren können. Doch der Ruf blieb aus. Lüpertz´ Andeutung, dass er ihn an „seine Maler-Akademie” holen würde, blieb leeres Versprechen. Stattdessen kamen Penck und Immendorff. Zuvor hatte Tadeusz durch Vermittlung von Lüpertz im „Schloss Scheibenhardt” bei Karlsruhe an einem großformatigen Bild arbeiten können. Über diese Arbeit kam Tadeusz mit Karl-Heinrich Müller und Erwin Heerich ins Gespräch, die ihn für ihr Museum Insel Hombroich gewinnen wollten. Sie wurden sich schnell einig, Tadeusz bekam einen Schlüssel, durfte sich „Insulaner” nennen. Der großartige Tadeusz-Pavillon entstand.

Bastian Tebarth

Interview: C. F. Schröer | Kamera und Ton: Thom de Bock | Postproduktion: Bastian Tebarth

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