von Maren Ackenhausen
Die Formen der Natur und die Beschäftigung mit Tieren und Tierthemen haben in der Gegenwartskunst einen festen Platz. Man denke nur an den Hundeparcours „Dog Run“ auf der aktuellen Documenta oder die parallel laufende Ausstellung „Ästhetik der Natur“ in Bad Homburg v. d. Höhe oder „Das Reich der Tiere“ in Hannover. Auch die erste Überblicksschau zu „Von Schönheit und Tod. Tierstilleben von der Renaissance bis zur Moderne“ in der Kunsthalle Karlsruhe ist noch nicht lange vorbei.
Hartmut Neumann (* 1954) hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls reichlich mit Natur und Tier(en) beschäftigt und so greifen auch seine neuen Fotografien diese Themen auf. Die Vergänglichkeit der Natur ist all seinen Werken immanent, denn nach erfolgreicher Fotografie werden die Arrangements aus über Jahren zusammen gesammelten Objekten und Alltagsgegenständen, wie etwa präparierten Vögeln, künstlichen Erzeugnissen und natürlichen Materialien wieder zerstört und bleiben nur durch die Aufnahme für die Nachwelt erhalten. Seine Werke muten stilllebenhaft an und lassen oftmals die Kluft zwischen Natur und Kultur erkennen. Sammeln und bewahren, sich aneignen und besitzen – das alles steht auch in den Kunst – und Wunderkammern seit der Renaissance im Vordergrund: Schaulust an der Exotik, Faszination am Fremden und Beherrschen, was dem Menschen untertan ist und nicht zuletzt die Ansammlung von Dingen, die „natürlich“ nie zusammen auffindbar wären.
Es entstehen surreale Welten, wie auch schon in Neumanns Malerei der vergangenen Jahre. Der Kosmos beherrscht das Denken und immer fehlen Spuren direkter menschlicher Präsenz. Neumanns Kompositionen bestehen zwar aus natürlichen Formen, irritieren aber durch ihre seltsam anmutende Zusammensetzung.
Wer wir sind? Was wir tun mit der Natur? Der Künstler führt uns vor Augen, was aus den Dingen werden kann, wenn sie in die zweidimensionale Fläche überführt werden. Hier wird im Zeichen eines kulturellen Urbedürfnisses etwas Neues konstruiert.
Anmut und Eleganz, die oftmals Stillleben zugeschrieben werden, in Kombination mit der Forderung, Unbelebtes zu beleben, treffen nur bedingt auf Neumanns neue Arbeiten zu. Wenngleich die präparierten Tiere nicht allzu leblos wirken, werden sie fast ins Groteske verkehrt, indem sie mit Materialien zusammengesetzt werden, die man keinesfalls erwartet hätte, wie im Falle von Schmuckkranz (Feierliche Kränze für Affen). Das Irritationsmoment bleibt. Vielleicht hätte es besser „wider der Natur“ im Ausstellungstitel geheißen. Ob für oder wider, verstörend ist diese Ausstellung allemal und überaus sehenswert. Unseren Umgang mit der Natur und ihren Lebewesen stellt sie auf sonderlich spielerische Art in Frage.