Beuys nimmt Schaden

Das Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau. Foto: Roland Weihrauch/Archiv

Das hat Beuys nicht verdient. Dem weltweit bekanntesten Künstler aus dem Kunstwunderland NRW wollte einst Johannes Rau ein eigenes Museum widmen. Doch verstieg sich der Politiker zu einer Stiftung, die nichts als Ärger produziert und damit dem Werk von Joseph Beuys schwer schadet. Aus der versuchten Wiedergutmachung für den von Rau durchgesetzten Rausschmiß Beuys´aus der Kunstakademie Düsseldorf wird so Raubbau am Ruf des Künstlers. Seit der Gründung des Museum Schloss Moyland 1997 gibt es dort heilose Verstrickungungen unter den drei Stiftern. Das Land NRW sollte das Schauerstück schleunigst beenden und aus dem Moyland-Desaster aussteigen, Beuys zu besseren Ehren.

Unglaublich, aber wen wundert es? Der Streit um Schloß Moyland geht in die nächste Runde. Nach unendlich zähem Hin und Her und jahrelangem Gezerre um die Leitung der Stiftung Museum Schloß Moyland, nach mehrfachen Vakanzen des Direktorenposten, wurde die Kunsthistorikerin Bettina Paust „einhellig“ zum 1.Mai 2009 zur Künstlerischen Direktorin berufen. Doch wurde Pausts Sieben-Jahres-Vertrag nicht verlängert, aber auch keine neue Leitung präsentiert. Die Gründe für die Nicht-Verlängerung klingen ähnlich wie die für ihre Einstellung vor sieben Jahren. Geblieben ist die Uneinhelligkeit im Vorstand der Stiftung. Geblieben ist ein Versagen der Politik, die an einer Stiftungskonstruktion festhält, die nichts als Zwist provoziert und zum Geldverschwenden einlädt.

Paust (55) klagte auf Rückversetzung, erfolgreich. Ein weiterer Rechtsstreit nahm seinen Lauf. Es kam zur Berufungsklage seitens der Stiftung, das Landesarbeitsgericht schlug die Vermittlung durch einen Güterichter vor. Sollten die Parteien dem Vorschlag nicht binnen zehn Tagen zustimmen, will Richter Alexander Schneider entscheiden. Er ließ erkennen, dass er anders als das Arbeitsgericht Wesel die Befristung von Pausts Vertrag für rechtens ansehe. Eine Rückversetzung auf ihren früheren Posten als stellvertretende Direktorin diene aber keiner Seite. “Als Gewinner und Verlierer arbeitet man schlecht zusammen”, prognostiziert der Richter. Denn in jedem Fall stehe Paust laut Vertrag die Stelle als Vize-Museumsdirektorin und das der Leiterin des Beuys-Archivs weiter zu. Sollte es ein Urteil geben, lasse er aufgrund des komplizierten Falles eine Revision am Bundesarbeitsgericht in Erfurt zu.

Gütliche Einigung auf Schloß Moyland? Da lachen ja die Hühner. Unvergessen wie Christoph Schaden 2002 vom Kuratorium zum neuen Museumsleiter gewählt wurde, einstimmig. Doch noch vor Antritt der Stelle mußte er wieder gehen. Peter Dering wurde daraufhin 2004 vom zum neuen Museumsleiter gewählt, einstimmig. Nach etwas mehr als einem Jahr im Amt mußte auch er wieder gehen. Danach war der Chefposten im Museum Schloss Moyland vier Jahre lang unbesetzt. Und ist es seit zehn Monaten wieder. Die Stiftung feierte gerade ihr 20 jähriges Bestehen, als bekannt wurde, daß Paust gehen muß.

Paust arbeitet unterdessen weiter als Vize-Direktorin und Leiterin des Joseph Beuys Archivs, das Eva Beuys, die Witwe des zentralen Künstlers der Moyland Sammlung seit Jahren zurückfordert. Als Museumsleiter wird Johannes Look aufgeführt. Wie auch immer eine Lösung gefunden wird – gerichtlich oder außergerichtlich – sie dürfte nicht von Dauer sein. Das aber liegt an der Stiftungskonstruktion, die für das Museum einst ausgedacht wurde.

Paust hatte das Haus auf Grund einer zuvor im Vorstand abgestimmten und hoch gelobten „Neukonzeption und Neuhängung“ zu modernisieren versucht. Besonders die seit Stiftungsgründung 1997 dort übliche „Moyländer Hängung“ dicht bei dicht wurde „aufgebrochen“. Der wertvolle Bestand an Beuys-Werken (je nach Zählart sind es zwischen 3000 und 6400 Beuys-Werke) wurde durch „komplexe wie sparsame Setzungen“ neu zur Geltung gebracht. Der Kuratoriumssprecher der Stiftung, der Kölner Galerist Franz-Rudolf van der Grinten, beklagt jetzt vor Gericht „schwache Besucherzahlen“. Rund 50 000 Besucher kommen im Jahr, die eine Hälfte geht ins Museum, die andere Hälfte in den Park. Im Gespräch mit der NRZ legte der Stiftungssprecher nach. Paust habe sieben Jahre die Chance gehabt zu beweisen, wie sie den hohen Ansprüchen und Zielen gerecht werden will. „Aber offensichtlich war das Kuratorium der Auffassung, dass diese nicht erfüllt worden sind.“

„Das Konzept ist nicht aufgegangen“, sagt van der Grinten. Paust habe ihre Chance gehabt, „aber die Wirklichkeit spricht gegen das Gelingen des Konzeptes“. Dies sei nicht gegen Paust persönlich gerichtet, aber nun einmal Fakt. Inwieweit die Zwistigkeiten im Vorstand und Kuratorium für den Niedergang verantwortlich sind, thematisierte er nicht.

Für van der Grinten war es zum Beispiel ein Fehler, sich von der Moyländer Hängung zu verabschieden, wie sie noch sein Vater eingerichtet habe: „Das war nicht klug” sagt er heute. Vor sieben Jahren hatte er dem neuen Konzept noch zugestimmt. “Ein Museum in der Provinz mit Leben zu füllen ist nicht einfach”, so der Kölner Galerist. “Überall im Land arbeiten die Häuser ihre Besonderheiten heraus.“ Durch das neue Konzept wirke das Museum Moyland wie jedes andere Kunsthaus auch.

Viel Arbeit für die neue Landesregierung und die neue Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist Kuratoriumsvorsitzender der Moyland-Stiftung. Das Land NRW leistete nicht nur den aufwendigen Umbau des barocken Wasserschlosses zu einem Museum in Höhe von rund 56 Millionen Mark, es steigerte die Förderung kontinuierlich von 2,3 Millionen Euro auf jetzt 3,3 Millionen Euro. Das ist nach der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf der größte Museumsetat im NRW-Land. Das Land NRW ist im Dreierbund des Stiftungsvorstands der alleinige Geldgeber, allerdings von den Stimmen der beiden anderen Mitstiftern – der Sammlerfamilie van der Grinten und Schloßbesitzerfamilie von Steengracht – abhängig. Denn nur bei Einstimmigkeit im Vorstand kann überhaupt einen Entscheidung fallen. Verdammt zur Einhelligkeit, ist die Uneinigkeit im Vorstand Trumph. Das Land ist zu laufenden Zahlungen in Millionenhöhe verpflichtet, kann aber über die Verwendung der Gelder nicht entscheiden. Es hat mit der Stiftungsgründung die Kontrolle über die öffentlichen Gelder aus der Hand gegeben, ist aber rechtlich dazu verpflichtet, mit den Steuergeldern sorgfältig umzugehen. Das kann man aber im Fall Moyland aber nun wirklich nicht behaupten.


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