Immer gut, sich mit Robert Fleck zu treffen

Mein lieber Scholli!

Nie ohne mein Fahrrad. Fleck in seinem Buero in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf

Bei allen Verstrickungen in die Tiefen und Untiefen des Kunstbetriebs hat er sich eine beneidenswerte, fast kindliche Begeisterung für die Kunst bewahrt. Zu sehr liebt er Geschichten mit Künstlern und kann sie bei aller Detailversessenheit so lebendig rüberbringen, daß man schon bedauert, nicht dabei gewesen zu sein. So ist er zum  Storyteller der zeitgenössischen Kunst geworden. Ein Herold unserer Tage, immer unterwegs zu den nächsten Treffen, Schauplätzen, Begegnungen.

Da trifft es sich gut, daß ich Robert Fleck in voller Bikermontur begegne. Behänd schwingt er sich von seinem Rennrad nach dreistündiger Tour als wäre das wie einmal Luft schnappen und beginnt gleich zu erzählen. Yves Klein in Deutschland ist sein Thema. Ein Buch soll im September in Paris erscheinen, gerade liest er die ersten Korrekturfahnen. Fleck ist voll im Thema. Dabei spricht er leise, fast atemlos von all den atemraubenden Umständen, Zufällen, Zuständen, Zusammentreffen. Über Kleins Wohnung in Paris etwa, die es dort hinter dem Bahnhof Montparnasse, wo doch auch Atget, Picasso, Man Ray, oder Pierre Restany lebten, immer noch gibt, unverändert. Sogar der Name steht noch auf dem Klingelschild: Yves Klein.

Alles nur unveröffentlichte Bilder kommen ins Buch. Klein, dessen Großvater ein hannoveraner Kaufmann war, landete 1948 in Ludwighafen bei der Französischen Rheinarmee als Besatzungssoldat. Dann kommen Norbert Kricke und Heinz Mack 1955 aus Düsseldorf auf Besuch nach Paris, die Galeristin Iris Cert und der Kunstkritiker Anthony Thwaites leisten Vermittlerdienste. Zwei Jahre später, 1957, die Eröffnungsausstellung bei Schmela in der Hunsrückenstraße. Kleins erste Einzelausstellung und Durchbruch. Dann der famose Theaterbau in Gelsenkirchen, 1958. Klein taucht mit der 18jährigen Rotraut auf, jüngste Schwester von Günther Uecker. Sie war zuvor Kindermädchen bei Arman in Nizza gewesen und war Klein dort begegnet. In Gelsenkirchen dürfen sie sich laut Anweisung nicht allein in einem Zimmer aufhalten. Zur Eröffnung trägt Klein eine Schwarz Rot Goldene-Krawatte. Rotraut wird seine Übersetzerin, Assistentin und Ehefrau und wacht bis heute über Kleins Nachlass. Übrigens eines der wenigen Beispiel für eine gelungene Nachlasspflege durch eine Ehefrau.

Klein wird für ZERO zum Ideengeber, Inspirator und Chefredakteur der ZERO-Hefte. Erste und einzige Einzelausstellung zu Lebzeiten in einem Museum bei Paul Wember in Krefeld 1961. Aber eigentlich sei alles auf einer langen Autofahrt nach Antwerpen entstanden, das gesamte Konzept der Entmaterialisierung. Mack am Steuer des Käfers, Uecker daneben, Klein und Piene hinten. „Vision in motion – motion in vision“ hieß dann das Programm und die Ausstellung. Kein Geld wollte Klein mehr annehmen, sondern ein Kilo Gold für jedes Werk. Die anderen stellen dann mit weniger Erfolg in Paris aus. Von Mack wurde nur ein einziges Relief verkauft, aber wer war der Käufer? Später fand ich es im Besitz von Fontana wieder.

Der Tod kam im Fall Kein übrigens auch aus Deutschland. Das Bindemittel für das große blaue Schwamm-Relief im Foyer des  Gelsenkirchner Theaters liefert die BASF aus Ludwigshafen. Die Dämpfe sind schwer toxisch, Klein arbeitet Tag und Naht wie ein Besesener, die Dämpfe bringen den Judo-Meister aus Paris ins Grab. Einen Monat nach seinem Tod am 6. Juni 1962 wird sein Sohn Yves in Paris geboren. Heute nennt er sich als Künstler Amu, nach den drei Ahnen Arman, Marie Remand und Uecker. Rotraut lebt mit ihrem Mann Daniel Moquay überwiegend in Arizona /USA. Wer den Nachlaß übernehmen wird, ist eine offene Frage. Erst jetzt fällt mir auf, daß ich Robert Fleck an Kleins Todestag treffe.

Der ist schon bei einem anderen großen Franzosen, Pierre Soulages. Der ist neben Hans Hartung (wundervolle Einzelausstellung im Kunstmuseum Bonn) Hauptvertreter der abstrakt-ungegenständlichen Richtung der französischen Gegenwartsmalerei. Soulages wird am 24. Dezember 100 Jahre alt. Fleck ist dabei ein Buch zum Jubiläum (Edition Manuelle) herauszubringen, in dem er anhand von 12 Begriffen „Die Macht des Bildes“, „der befreite Rhythmus“ etc. der immer schwarzes Malerei Soulages auf die Spur kommen will. Hans-Ulrich Obrist steuert ein Gespräch mit dem Großmeister des malerischen Minimalismus bei. Der Louvre wird ihn mit einer großen Ausstellung ehren, Friedrich Busmann ist für die Kunstsammlungen Chemnitz dabei, eine Soulages-Retrospektive auf die beine zu stellen. Bei der Eröffnung der Soulages-Ausstellung im Essener Folkwang Museum trift Fleck Karsten Greve, den großen Soulages-Galeristen. Der sagt sofort zu, die deutsche Ausgabe des Buches zu finanzieren. Fleck muß eigentlich jetzt, wie er ist, zur Rektorats-Besprechung in die Kunstakademie gegenüber. Noch rasch ein weiterer Lesetipp:

Jongsuk Yoon, geboren 1965 in Onyang, Südkorea, kam als Tochter eines Galeristen für traditionelle ostasiatische Tuschemalerei 1995 nach Europa und wurde 2001 zur letzten Meisterschülerin von Fritz Schwegler an der Düsseldorfer Akademie. Dann wurde es still und stiller um sie. Noch immer lebt und arbeitet sie in einem einzigen Raum auf der Immermannstraße in Klein-Tokyo in Düsseldorf. Fleck wiederrum hielt die Eröffnungsrede zu „Spririt of Austria“, kuratiert von Zdenek Felix 2015 im Kai 10, wo ihn Yoon anspricht und zu einem Text überredet. Den schreibt Fleck im Handumdrehn.

Unterdesen kann er Yoon an die Galerie Nächst St. Stephan vermitteln, überhaupt ihre die erste Galerie mit über fünfzig Jahren.  In der Wiener Galerie hat überhaupt die Karriere von Fleck als Archivar begonnen. Rosemarie Schwarzwälder nimmt Yoon in ihre Galerie auf, zeigt ihre abstrakten Gemälde, so groß wie die einzige freie Wand in ihrer Wohnung groß ist, auf den Kunstmessen in Hong-Kong, Köln und demnächst in Basel.

Als leibhaftiger Storyteller wird Fleck natürlich auch als Journalist groß. Die Wiener Presse räumt ihm eine Rubrik ein: „Alte Bücher neu gelesen“. Das sind Geschichten! Jetzt aber hoch ins Rektorat.

 

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