Japanmix

Die Kunsthalle Düsseldorf vermischt mit „tomodachi to“ japanische Kunst zu „interkultureller Vielfalt“

Neopop und Superflat. Nara Yoshimotos Sprout the Ambassador, 2017

 

Apropos Asienschwerpunkt: tomodachi to. Mit Freund*innen, heißt gendersternchenbewehrt, die aktuelle Ausstellung der Kunsthalle zu 160 Jahre japanische Gemeinde in Düsseldorf. „Nippon am Rhein“ wird heute von rund 8.400 Japanern und Japanerinnen bewohnt. Wie viele davon Künstler sind, ist nicht bekannt. Eigentlich erstaunlich, dass dies die bisher erste Ausstellung ist, die japanischer Gegenwartskunst made in Düsseldorf gewidmet ist. Alicia Holthausen und Gregor Jansen haben vier japanische Künstler und eine japanische Künstlerin, die zwischen 1975 und 2018 an der Kunstakademie Düsseldorf studiert haben zu einer Gruppenausstellung eingeladen. Die Spitze des Eisbergs.

So cool, so verwirrend. Fällt es immer noch schwer, sich die japanischen Namen einzuprägen, hier erscheinen sie in der korrekten japanischen Schreibweise: Erst der Familienname, dann der Vorname. Bei aller Freundschaft, wer auf die Idee gekommen ist, diese fünf ausgewählten Takeoka Yuji, Nara Yoshitomo, Murase Kyoko, Ando Yukako und Kinoshita Ryo aufzufordern, ihrerseits fünf befreundete Künstler einzuladen? Verwirrung pur. Gleich eingangs sieht man sich zwischen Karin Sanders Garderobenschränken. Die Berliner Konzeptkünstlerin hat die Glasvitrinen so bauen lassen, dass man sie als Erweiterung der benachbarten Kunsthallengarderobe sehen und benutzen kann. Die Schränke als erweiterte Garderobe sind vielfach ausgestellt worden (zuletzt in der Villa Zanders in Bergisch-Gladbach). „Identities on Display“ heißt die mehrteilige Arbeit von 2013 und ihr Titel berührt sicher ein aktuelles Thema unsere Zeit. Aber was haben Sanders Verwirrstücke in der Japan-Ausstellung verloren?

Die Künstlerin wurde von Takeoka eingeladen. Das wird in der Ausstellung aber gar nicht ersichtlich, weil Takeoka seine Arbeiten im Obergeschoss, also diametral entfernt von Sanders Arbeiten im Eingang zeigt. Erst oben, wenn man Takeokas strengen, konzeptuellen Werken im oberen Raum begegnet, könnte eine künstlerische Nachbarschaft auffallen. Schön, dass sich Takeokas Werke hier auf einer Wand präsentiert können, an der immer noch Beuys´ schwarze Ofenrohröffnung zu sehen ist. Beuys hatte  das Loch 1981 als seinen konzeptuellen Beitrag zur Ausstellung SCHWARZ bohren lassen.

Der älteste Künstler der fünf Eingeladenen, Takeoka wurde 1946 in Kyoto geboren, wo er bis 1972 auch studierte. 1979 wechselte er nach Düsseldorf, um bei Erwin Heerich und Klaus Rinke an der Akademie sein Studium abzuschließen, Takeoka ist Düsseldorf bis heute treu geblieben, ein Gast? Im Obergeschoss treffen seine strengen Werke auf den jüngsten Teilnehmer, Kinoshita Ryo, der 1985 in Nagasaki zur Welt kam. Takeoka wie Kinoshitas Kunst wurzelt im “Shinto”, beider objekthafte Werke lassen Anklänge an Schreine erkennen, wie sie im Shintoismus bedeutend und gebräuchlich sind.

Conflict of Kung Fu Master. Öl, PVC, Perlen, Nieten, Holz, Bienenwachs, Pigment auf Leinwand, 2021

Kinoshita zeigt vier neue “Pastings”, objekthafte Bilder, eher Materialkollagen als Gemälde, bei denen seine eigene Maltechnik und sein Materialwitz gut zum Ausdruck kommen. Bienenwachs, Filz, Perlen, PVC, Nieten, Gummi, Plexiglas auf Leinwand kommen etwa bei „He is sneaky“ zum Einsatz. Eines dieser wunderlichen Bildobjekte „Our whisper is thinner than yours” (2020) erinnert an die besondere Erotik japanischer Kunst. Mit „soft night“ und „Let me love yellow“ stellt der Künstler zwei seiner Plastiken vor, die sich frei im Raum behaupten. Bei aller Verbundenheit stellt sich hier doch der Eindruck der Ferne und Fremde ein, die unsere Fantasie bereichert und ungemein beleben kann.

Ryo Kinoshita (sein Name heißt übersetzt so viel wie fern, weit, der unter dem Baum) hat Sŏya Arakawa zur Ausstellung eingeladen, „weil Videokunst sonst gar nicht vertreten wäre“. Und weil sich sein Künstlerkollege (geb. 1984 in Hamamatsu) seit seiner Studienzeit (bei Rita McBride) in eine völlig andere Richtung entwickelt habe. Arakawas „Richtungswechsel“ ist erstaunlich. Unter der Treppe zum Obergeschoss zeigt er eine Videoinstallation. Das Tape zeigt eine seiner Performances. Es ist ein erzählerisches, selbstreflexives Video. Das Zentraal Theater – Boku ha Unagi führt uns seine Auseinandersetzung mit der eigenen Person in einer fremden Umgebung vor Augen.

 

 

Redaktion: Anke Strauch

 


 

 


 

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