
Pit, wie Peter gerufen wurde, hieß Brodbeck. Schon früh muss ihm bewusst geworden sein, dass mit diesem Familiennamen keine Weltkarriere zu machen sei. Sein erster Versuch mit einem Künstlernamen fiel auf Sultan. Als junger Künstler startete er bei Hans Mayer in Düsseldorf. Die Ausstellung wurde ein Flop. Mayer verkaufte rein gar nichts. Noch fünfzig Jahre später hatte der Galerist die gesamte Ausstellung von Sultan auf Lager.
Autos, vor allem Renn- und Sportwagen, übten auf Mayer schon immer eine gewisse Faszination aus. So lernte er Hans Lux kennen, der fuhr einen Lotus super seven, Dunkelblau. Das absolute Kultauto der Sechziger Jahre. Mayer kaufte Lux den Lotus kurzerhand ab. Vielmehr gab er seinen Roadster Triumph TR5 bei Lux in Zahlung. Besonderheit des weißen Sechszylinders war das Pariser Nummernschild, denn der Wagen stammte von Denise René, der berühmten Pariser Galeristin.
Hans Lux, „der Name war quasi die Verpflichtung für mich, Fotograf zu werden …“ leuchte auch Sultan/Brodbeck ein. Wie geschaffen für einen Fotografen. Auf Vermittlung von Hans Mayer nahm er bei Lux seine Umschulung zum Fotografen auf. Aber wie sollte er sich als Fotograf nennen?

Lux Lehrling änderte seinen Namen erneut. Lindbergh schien ihm passend. “Dieser Name hatte eine gute Aura und war international. Er steht für Abenteuer, er löst etwas aus, er hat mir bestimmt geholfen”, gesteht er Christoph Amend freimütig in einem Interview. Mit einem Grinsen dazu: “Hätte ich mich Altbeck genannt, wer weiß, ob ich heute hier sitzen würde!” Charles Lindbergh war zu einem der bekanntesten Personen der Zeitgeschichte aufgestiegen. Als Pilot gelang ihm 1927 die erste Alleinüberquerung des Atlantiks durch einen Nonstopflug von New York nach Paris. In Paris sollte Peter Lindbergh schließlich auch landen. Bei Lux hat er nicht nur das Handwerk des Fotografierens erlernt. Das führt die aktuelle Ausstellung bei noir blanche, Hans Lux – Master and Mentor of Peter Lindbergh, eindrucksvoll vor Augen.
Lux schafft es bis heute, mit den Menschen, die er fotografiert, eine schöne Nähe und freundliche Unmittelbarkeit aufzubauen. Sie sind keine Modelle oder Motive, keine Gegenüber oder gar Gegenstände, sondern Mitmenschen und Mitwirkende. Er gewinnt sie durch sein Lux-Lachen – und schon ist die Aufnahme geglückt. Die Kunst liegt hier in der Unbefangenheit.
Lux blieb in Düsseldorf, Lindbergh schaffte nonstop die Weltkarriere. Eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden blieb dennoch bis zu Lindberghs Tod im September 2019 in Paris bestehen.

„Was er bei mir vielleicht gelernt hat, war Respekt im Umgang mit Fotomodellen“, schätzt Lux. Bevor Lindbergh zu Lux kam, hatte der noch nie eine Kamera in der Hand gehalten. Seine erste Kamera kaufte sich Lindbergh 1971 bei Foto Söhn in Düsseldorf, eine gebrauchte Minolta. „Teuer kann sie nicht gewesen sein, ich hatte kein Geld”, erinnert er sich noch Jahre später. Damit fuhr er zu seinem Bruder, um dessen drei kleine Kinder zu fotografieren, “meine ersten Fotos”. Da war er 26 und verheiratet. Mit seiner Frau Astrid teilte er sich ein erstes Atelier in der Ackerstraße.
Seine Herkunft aus dem Ruhrgebiet hat Lindbergh auch später nie verheimlicht. „Das war ja gerade das Gute an ihm. Er blieb durch und durch gerade. 50 Prozent an seinem Erfolg machte er als Mensch aus, 50 Prozent seine fotografischen Fähigkeiten. Beides war bei Peter zu gleichen Teilen vorhanden, was in der professionellen Fotoszene damals wie heute eine Seltenheit ist. Die meisten Fotografen waren eher schwierige Persönlichkeiten“, erinnert sich Hans Lux gerne.
„Im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen in der Zeit wäre Peter den Modellen nie an die Wäsche gegangen. Er hat sie geliebt, aber niemals angefasst. Nur so konnte er das Vertrauensverhältnis zu seinen Modellen aufbauen, das er brauchte, um diese Bilder entstehen zu lassen. Außerdem hat Peter nie Angst vor großen Namen gehabt. Peter war meistens gut gelaunt. Menschlich war er ein Sonderfall in der Szene, zumal für einen Fotografen, der so weit oben stand wie er.“
“Mir ist es immer leicht gefallen, zu gehen”, hat der Vielflieger Lindbergh später gesagt und auch: “Die Welt gehört den Naiv-Sorglosen.” Als er Ende der siebziger Jahre erstmals in Paris landete, fiel ihm auf, dass er kein Wort Französisch sprach.
C.F.S.
Hans Lux – Master and Mentor of Peter Lindbergh
noch bis zum 17. Mai
noir blanche – Galerie für Fotografie, Hermannstr. 31, Düsseldorf
Als Peter Lindbergh noch Sultan war