Welcher Maler sonst stieg tiefer hinab in dystopische Welten? Bernhard Martin zelebriert sie verführerischer und zerbrechlicher als je einer. Ausgerechnet sein „Image Ballett“ , das er in sämtlichen Räumen des Hauses am Waldsee zur Aufführung brachte, hätte die einzige real existierende Dystopie unserer Tage beinahe voll erwischt.
Doch jetzt erreicht uns die frohe Kunde vom Waldsee: ab 5. Mai 2020 nimmt das Haus seinen Ausstellungsbetrieb wieder auf und öffnet die Ausstellung mit Bernhard Martin erneut für das Publikum. Am Wochenende und an Feiertagen sind LiveSpeaker für die BesucherInnen ansprechbar. Es gelten die Corona-Einschränkungen.
Die unglaublichsten, abgründigsten Gemälde, Zeichnungen und Collagen seit den frühen 2000er Jahren sind endlich wieder zu sehen. Ein neuer, zweiteiliger Gemäldezyklus „Le Mot“ („Das Wort“) zeigt die Virtuosität und Aktualität dieses Malers.
Mit erstaunlicher Könnerschaft verfügt Martin über malerische Techniken von altmeisterlich bis zu jüngsten Lasierverfahren. Sein Colorit ist kaum minder verführerisch wie bestürzend, ob changierenden Gewändern barocker Heiligenfiguren oder der flimmernden Ästhetik unserer Bildschirme entsprungen, es wirkt wie das Zwielicht, in das wir erwartungsvoll blicken – und nicht zu erkennen vermögen, was uns da entgegen kommt.
Der Maler als Laokoon, der von der Farbe befallen ist, wie von einer ätzenden Flüssigkeit, die er zu einem nächsten, neusten Bild verspritzt, während sie ihn zerfrisst. Heldenhaft oder schon qualvoll sein Einsatz an der Malerfront, schwungvoll sein Dripping, wohl dosiert seine Farborgie. Doch was zeigt sich da auf der rohen Leinwand am Boden? Eine neue Vollabstraktion? Oder ist‘s ein Rätselbild, in dem die Auguren die Zukunft lesen können?
Mit „Elysian Fields“ (2017) zeigt sich Berhard Martin auf der Höhe seiner doppel- oder vielmehr multibödigen Anspielungsmalerei. Auf das Stück Leinwand, dieses besondere „Elysische Gefilde“, werden seit je nur Helden entrückt, die von den Göttern geliebt werden und denen sie Unsterblichkeit schenken wollen.
Redaktion: Anke Strauch
Die Ausstellung wird von einem Katalog mit einer Einführung von Katja Blomberg, einem Interview von Florian Illies sowie einem Essay von Björn Vedder begleitet.
eiskellerberg.tv – Bernhard Martin – ein Film-Portrait