Mein lieber Scholli!

„Vorrundenaus“ gilt schon jetzt als aussichtsreichster Kandidat für das Wort des Jahres. Jetzt ist erst mal Abstand und Abschied angesagt. Oder besser Humor. Da kennt sich Dirk Meissner aus, freier Cartoonist aus Köln. In diesem Jahr hat er seine ersten Kunst-Cartoons gezeichnet und gleich großen Erfolg damit. Humor ist vielleicht die Größe, die wir aktuell am Nötigsten brauchen. Die Galerie Floss & Schultz zeigt eine Auswahl von Meissners Meister-Cartoons unter dem Titel „Sagen Sie jetzt nicht, das ist Kunst…“

Meissner, seit 2006 Cartoonist der Süddeutschen Zeitung, versteht was vom Kontern. „Man muss das Bild mit dem Text so kontern, dass sich eine Irritation auslöst. Dann kommt es zur Ach-So-Erkenntnis.“ Ach so. Kontern beherrscht er perfekt. Nun lässt er sich auf ein Künstlergespräch (5. Juli, 19.30 Uhr bei F&S) mit dem Konzeptkünstler Christoph Dahlhausen ein.

„Was ist Kunst?“ so der Titel des Gesprächs, ist die unergiebigste Dauerbrennerfrage überhaupt. Man könnte Abende damit füllen, oder wie Meissner irritierend kurz eine Antwort geben: „Was für sich bestehen kann und sich selbst genügt.“ Das gilt für seine Cartoons bestimmt, weshalb sie ja auch in einer Kunstgalerie ausgestellt werden. Meissner selbst öffnete in Köln-Bayenthal die erste Cartoon-Galerie „Der Rote Pinguin“ und stellte dort bis 2015 Cartoonisten-Kollegen vor. Kommentar zum Vorrundenaus: „Froh, dass es vorbei ist.“

Dieser Seufzer steht MS noch bevor. Ob dem neuen bayerischen Ministerpräsident Markus Söder das Vorrundenaus bei der Landtagswahl (14. Oktober) droht?

Jedenfalls erreichte uns aus München eine Pressemitteilung, die auch nur mit Humor erträglich ist. Weil Vermeers „Briefleserin in Blau“ aus Amsterdam in die frisch renovierte Alte Pinakothek ausgeliehen wird, kommt Söder zum Antrittsbesuch in die Alte. Ob auch rechtzeitig das Kreuz angebracht wurde?

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Neben Söder werden laut PM auch die Bayerische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Prof. Dr. Marion Kiechle, der Botschafters des Königreichs der Niederlande Wepke Kingma, der Generalkonsuls des Königreichs der Niederlande Peter Vermeij, der stellvertretenden Bürgermeisters der Stadt Amsterdam Udo Kock, der Generaldirektors des Rijksmuseum Amsterdam Taco Dibbits, sowie die Botschaftsrätin für Kultur und Kommunikation Monique Ruhe für großen Rummel um das stille, nur 46,6 mal 39,4 cm große Bild sorgen.

Die „Briefleserin“ von 1663/64 hat schon allerhand Deutung erfahren. Wie wäre es mit dieser: Die Frau steht da gottverlassen zwischen den Stühlen und versucht die Nachrichten (aus Berlin) zu entziffern. Oder diese: Vermeer, ein Meister der Konturverwischung, die er von Leonardo da Vinci übernommen hatte, hat in seiner Briefleserin eine politische Botschaft versteckt. Seine bis heute reichende immense Bildwirkung erzielt er nämlich durch einen diffusen Erscheinungszustand. Statt durch eine Deutlichkeit der Formen, statt klarer Umrisslinien, gewinnt er Wirkung durch Verschwimmen-Lassen. Die Schatten, so schon der Italiener Leonardo, sind wichtiger als die Kontur und erfordern mehr Können. Man sollte mehr auf die Maler hören.

Neu im Spiel ist Susanne Gaensheimer als Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Die Münchnerin ist seit Gründung der Staatsgalerie NRW im Jahr 1961 erst der vierte Direktor und nach Marion Ackermann die zweite Direktorin. Zusammen mit Bianca Knall (neue Kaufmännische Leiterin) bildet Gaensheimer den Vorstand der Stiftung.

Wir treffen uns auf einen Latte Macchiato im Café des K21, das um die Mittagszeit wie ausgestorben ist. Seit neun Monaten im Amt, hat sie sich warmgelaufen und umgeschaut, in Düsseldorf für sich und ihre Familie eine Wohnung gefunden und „schon fast“ alle  Künstler-Patriarchen der Düsseldorfer Kunstszene aufgesucht. Auch Reinhard Mucha. Zuletzt war sie auf Besuch bei Imi Knoebel. Katharina Sieverding und Gerhard Richter (inzwischen Köln) stehen noch auf dem Besuchsprogramm. Gaensheimer sieht sich als Teil der „Neuen Welle“, die sie ans Düsseldorfer Rheinufer anrollen sieht und gemeinsam mit den anderen drei Neuen, Alain Bieber, Felix Kraemer und Calle Petzinka auch anschieben will. Gaensheimer kann sich die Kunstsammlung gar nicht ohne Vernetzung mit der Düsseldorfer Szene vorstellen. Gleichwohl will sie das Haus zu neuen internationalen Höheflügen führen. Zum 100. Geburtstag von Alfred Schmela wird es eine Erinnerungsausstellung an dieses Urgestein der Düsseldorfer Galerienszene im Schmela-Haus geben. Was dann mit diesem Satelliten der Kunstsammlung geschehen wird, steht noch in den Sternen. Etwas konkreter ihre Vorstellungen, was aus der Dependance K21 am Schwanenspiegel werden soll. „Wir sind dabei, ein eigenes, jüngeres Publikum für dieses Haus zu finden.“ Entsprechend werden hier vor allem zeitgenössische Künstler ausstellen. Die digitale Kommunikation wird hier Einzug halten, ebenso wie verstärkt Werke der Sammlung Ackermans, die seit 2005 zur Sammlung zählen.

„Wie ein großer überdachter öffentlicher Raum“, wünscht sich Gaensheimer die Zukunft ihres Museums. „Niedrigschwellig und anspruchsvoll“. Die Tore stehen offen für die Hauptrunde. Das Gespräch mit Susanne Gaensheimer bringen wir in der nächsten Ausgabe.

Redaktionelle Mitarbeit Benita Ortwein

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